Wir liegen im Zug, die
erste von 8 Nachtfahrten hat begonnen. Wir wollen früh schlafen, aber Indian
Railways lässt uns nicht denn erst muss gegessen werden. Wir werden alle 20 Minuten von den Mitarbeitern mit
dem nächsten Gang geweckt.
Mit dem Tee um sechs Uhr
morgens kommen wir in Hyderabad an.
Hyderabad
Das Bussystem hier ist
abenteuerlich. Mut, Geschick und Schnelligkeit sind essentiell, wenn man hier
sein Ziel erreichen will. Für junge Männer wird im Allgemeinen nicht gehalten, so
müssen wir mehrfach bei voller Fahrt aus- und einsteigen.
Bei fahlem Licht und Tieren
im Bad verbringen wir die nächsten Nächte, in einem überteuerten Hotel. Nach
unserer Abreise stellen wir fest, dass wir zeitgleich mit Rosa und Ruth aus
REAL auf demselben Flur gewohnt haben. Es geht doch nichts über gute
Absprachen.
Wir runden unseren
Aufenthalt mit einem Besuch im größten Filmstudio der Welt ab: Ramoji Film
City. Kitsch pur, die Szenerie des Films „Chennai Express“, ein
Märchenwunderland, eine Stundshow, bei der außer dem Ton nicht viel stimmt und
vieles mehr kann man hier entdecken.
Als wir das Tor verlassen,
zweifeln wir stark daran, ob sich die letzten sechs Stunden gelohnt haben.
Varanasi
Das spirituelle Zentrum
Indiens begrüßt uns mit einem Stau aus Fahrradrikshas.
Dann stehen wir am
heiligsten Fluss der Hindus, dem Ganges. Wir sind mitten im Alltagsleben der
Stadt. Ein Friseur schneidet Haare am Flussufer, eine Kuh schaut zu,
Bootsfahrer bieten ihre Dienste an, Verkäufer braten Samosas und andere Köstlichkeiten
und die Treppenstufen am Hauptghat sind gesäumt von Bettlern.
Schaut man den Ganges
entlang bietet sich ein kurioses Bild. Links von uns steigt Rauch auf. Dort
werden die Toten verbrannt und die Überreste in den Ganges geworfen, um dem
ewigen Kreislauf der Wiedergeburten zu entfliehen. Etwas weiter Flussabwärts
wird die weiße Wäsche der Stadt gewaschen. Zwischendurch Männer und Frauen die
sich im heiligen Fluss waschen. Selten liegen Tod und Leben so nah beieinander.
Agra
Willkommen im Tourismus! Obwohl
wir früh ankommen, sind wir nicht alleine. Von überall her strömen Menschen auf
das neue Weltwunder aus weißem Marmor zu. Der Blick, der sich uns bietet, ist
beeindrucken. Das Taj Mahal erhebt sich majestätisch und doch kunstvoll aus der
Ebene der Yamuna.
Entgegen dem Rat eines
Rikshafahrers, dass Laufen ungesund sei, gehen wir zu Fuß zum Itimad-ud Daula
auch „BabyTaj“ genannt. Die Touristen
und die Bürgersteige verschwinden, die Straßenstände verkaufen zu „indischen“
Preisen essen. Wir sind wieder in dem uns vertrauten Indien. Tourismus und
indischer Alltag wirken wie zwei verschiedene Welten, die unmittelbar
nebeneinander existieren.
Dehli
Noch in keiner Stadt haben
wir so viele Kontraste erlebt wie hier.
Eine Prachtstraße in New
Dehli, gesäumt von gepflegten Blumenbeeten und symmetrisch angelegten
Springbrunnen, an deren Ende sich eindrucksvoll der Palast des Präsidenten
erhebt.
Zwei Metrostationen
weiter, ein Gassengewirr in Old Dehli, Stromkabel hängen lose von den Masten,
Händler bieten lautstark ihre Ware feil, Rikshas hupen im Sekundentakt.
Von Pizza Hut, Kinos und
Bars über Addidas, Lacoste und Louis Philippe bis hin zu teuren Juwelen. Nahezu
alles, kann die indische Mittel- und Oberschicht hier am Connaught Place, einer
Art überdimensionierte Freiluftshoppingmall, zu europäischen Preisen bekommen.
Zwischen Männern im Anzug
und Frauen mit vollen Einkaufstaschen sitzen Bettler und verkrüppelte Menschen
auf dem Boden.
Wir kommen aus einem
Eisladen heraus, an der Tür steht eine Frau mit Baby auf dem Arm und bettelt
uns an. Was hätte sie mit den 150 Rupie für unser Eis gemacht?
Jaipur
Es ist der Tag vor Holi. Wir
gehen zu einem Hindutempel. Bereits von außerhalb hören wir die Menschenmassen,
die zu ihrem Gott beten. In der Haupthalle des Tempels, werden Farben geworfen,
Gebete gesprochen, es wird getanzt. Auch uns werden Farben ins Gesicht
geschmiert und „Happy Holi“ gewünscht. Man freut sich, dass wir mitfeiern.
Komplett bunt machen wir
uns auf die Suche nach Mittagessen. In einer kleinen Gasse finden wir einen
Moslem, der Rothi(ein über dem Feuer gegrilltes Fladenbrot) mit einem Curry
verkauft. Für ihn ist Holi ein Tag wie jeder andere.
Abends treffen wir uns mit
fast allen anderen KKS Freiwilligen im Hotel. Für morgen steht ein Holifest in
anderer Gesellschaft an.
Jodhpur
Es ist 23:42 wir stehen am
Bahnhof. Der Schaffner sagt uns, dass unser Abteil am anderen Ende des Zugs
ist. Das heißt laufen, indische Züge sind lang. Um 23:45 springen wir in den
anrollenden Zug. Erleichtert machen wir uns auf die Suche nach unseren Betten.
Erstaunt stellen wir fest, dass sie belegt sind. Der Schaffner klärt uns
auf: „You are at the wrong end of the
train.” Man könnte meinen wir
spielen Ping Pong. Bis zur nächsten Station sitzen wir auf unseren Rucksäcken.
Dort angekommen, rennen wir einen menschenleeren Bahnsteig entlang. Aber unsere
Eile ist unbegründet, denn wir stellen fest: der Zug wartet auf uns.
Um halb 2 können wir
endlich schlafen, bis wir 4 Stunden später in Jodhpur ankommen.
Jaisalmer
Auf dem Rücken eines
Kamels geht es durch die Wüste. Nach der ersten Stunde auf dem Kamel ist
schnell klar: wir haben den Komfort überschätzt.
Die Übernachtung unter
freiem Sternenhimmel entschädigt allerdings für den Muskelkater in den
Oberschenkeln.
Udaipur
Wir liegen im Park, neben
uns eine Mango, eine Papaya und eine Melone, vor uns ein Museum. Wir begnügen
uns mit dem Blick von außen, etwas Entspannung darf sein!
Apropos, der Film James
Bond Octopussy wurde hier teilweise
gedreht.
Mumbai
Ein Meer aus
Wolkenkratzern erhebt sich vor uns in den Himmel. Das Taxi fährt eine
Strandpromenade entlang, gut ausgebaute Straßen, große Parkanlagen, es ist
sauber. Man könnte meinen man befindet sich in den USA. Allerdings wird es dort
wohl kaum Züge mit offenen Türen und vergitterten Fenstern geben.
Wir liegen im Nachtzug
nach Mangalore. 3 Wochen Reise sind vorbei, uns trennen nur noch ca. 1000
Kilometer von unserem Zuhause. Wir haben viele neue Facetten von Indien
kennengelernt. Trotz gravierender Unterschiede fanden wir in jeder Stadt etwas
Bekanntes, wie wir es in „unserem“ Indien in den letzten 7 Monaten
kennengelernt haben.
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