Mittwoch, 9. April 2014

Über 100 Stunden auf Indiens Straßen und Schienen



Wir liegen im Zug, die erste von 8 Nachtfahrten hat begonnen. Wir wollen früh schlafen, aber Indian Railways lässt uns nicht denn erst muss gegessen werden. Wir werden alle 20 Minuten von den Mitarbeitern mit dem nächsten Gang geweckt.
Mit dem Tee um sechs Uhr morgens kommen wir in Hyderabad an.

Hyderabad

Das Bussystem hier ist abenteuerlich. Mut, Geschick und Schnelligkeit sind essentiell, wenn man hier sein Ziel erreichen will. Für junge Männer wird im Allgemeinen nicht gehalten, so müssen wir mehrfach bei voller Fahrt aus- und einsteigen.
Der Busstand in Hyderabad

Bei fahlem Licht und Tieren im Bad verbringen wir die nächsten Nächte, in einem überteuerten Hotel. Nach unserer Abreise stellen wir fest, dass wir zeitgleich mit Rosa und Ruth aus REAL auf demselben Flur gewohnt haben. Es geht doch nichts über gute Absprachen.
Wir runden unseren Aufenthalt mit einem Besuch im größten Filmstudio der Welt ab: Ramoji Film City. Kitsch pur, die Szenerie des Films „Chennai Express“, ein Märchenwunderland, eine Stundshow, bei der außer dem Ton nicht viel stimmt und vieles mehr kann man hier entdecken.
Als wir das Tor verlassen, zweifeln wir stark daran, ob sich die letzten sechs Stunden gelohnt haben.
Kitschiger geht nicht mehr...


Varanasi

Das spirituelle Zentrum Indiens begrüßt uns mit einem Stau aus Fahrradrikshas.
Dann stehen wir am heiligsten Fluss der Hindus, dem Ganges. Wir sind mitten im Alltagsleben der Stadt. Ein Friseur schneidet Haare am Flussufer, eine Kuh schaut zu, Bootsfahrer bieten ihre Dienste an, Verkäufer braten Samosas und andere Köstlichkeiten und die Treppenstufen am Hauptghat sind gesäumt von Bettlern.
Am Dasashwamedh Ghat, dem Hauptghat in Varanasi

Schaut man den Ganges entlang bietet sich ein kurioses Bild. Links von uns steigt Rauch auf. Dort werden die Toten verbrannt und die Überreste in den Ganges geworfen, um dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburten zu entfliehen. Etwas weiter Flussabwärts wird die weiße Wäsche der Stadt gewaschen. Zwischendurch Männer und Frauen die sich im heiligen Fluss waschen. Selten liegen Tod und Leben so nah beieinander.
Ob diese Wäsche sauber wird?


Agra

Willkommen im Tourismus! Obwohl wir früh ankommen, sind wir nicht alleine. Von überall her strömen Menschen auf das neue Weltwunder aus weißem Marmor zu. Der Blick, der sich uns bietet, ist beeindrucken. Das Taj Mahal erhebt sich majestätisch und doch kunstvoll aus der Ebene der Yamuna.
Das ist bestimmt jedem bekannt...

Entgegen dem Rat eines Rikshafahrers, dass Laufen ungesund sei, gehen wir zu Fuß zum Itimad-ud Daula auch „BabyTaj“ genannt. Die Touristen und die Bürgersteige verschwinden, die Straßenstände verkaufen zu „indischen“ Preisen essen. Wir sind wieder in dem uns vertrauten Indien. Tourismus und indischer Alltag wirken wie zwei verschiedene Welten, die unmittelbar nebeneinander existieren.

Dehli

Noch in keiner Stadt haben wir so viele Kontraste erlebt wie hier.
Eine Prachtstraße in New Dehli, gesäumt von gepflegten Blumenbeeten und symmetrisch angelegten Springbrunnen, an deren Ende sich eindrucksvoll der Palast des Präsidenten erhebt.
Unereichbar, der Palast des Präsidenten

Zwei Metrostationen weiter, ein Gassengewirr in Old Dehli, Stromkabel hängen lose von den Masten, Händler bieten lautstark ihre Ware feil, Rikshas hupen im Sekundentakt.
Voll & laut: reges Treiben in Dehlis Straßen

Von Pizza Hut, Kinos und Bars über Addidas, Lacoste und Louis Philippe bis hin zu teuren Juwelen. Nahezu alles, kann die indische Mittel- und Oberschicht hier am Connaught Place, einer Art überdimensionierte Freiluftshoppingmall, zu europäischen Preisen bekommen.
Zwischen Männern im Anzug und Frauen mit vollen Einkaufstaschen sitzen Bettler und verkrüppelte Menschen auf dem Boden.
Wir kommen aus einem Eisladen heraus, an der Tür steht eine Frau mit Baby auf dem Arm und bettelt uns an. Was hätte sie mit den 150 Rupie für unser Eis gemacht?
Der Conaught Place, hier treffen Welten aufeinander.


Jaipur

Es ist der Tag vor Holi. Wir gehen zu einem Hindutempel. Bereits von außerhalb hören wir die Menschenmassen, die zu ihrem Gott beten. In der Haupthalle des Tempels, werden Farben geworfen, Gebete gesprochen, es wird getanzt. Auch uns werden Farben ins Gesicht geschmiert und „Happy Holi“ gewünscht. Man freut sich, dass wir mitfeiern.
Komplett bunt machen wir uns auf die Suche nach Mittagessen. In einer kleinen Gasse finden wir einen Moslem, der Rothi(ein über dem Feuer gegrilltes Fladenbrot) mit einem Curry verkauft. Für ihn ist Holi ein Tag wie jeder andere.
Vorbereitung für Holi

Abends treffen wir uns mit fast allen anderen KKS Freiwilligen im Hotel. Für morgen steht ein Holifest in anderer Gesellschaft an.
Ein paar Freiwillige auf Touri-Tour.


Jodhpur

Es ist 23:42 wir stehen am Bahnhof. Der Schaffner sagt uns, dass unser Abteil am anderen Ende des Zugs ist. Das heißt laufen, indische Züge sind lang. Um 23:45 springen wir in den anrollenden Zug. Erleichtert machen wir uns auf die Suche nach unseren Betten. Erstaunt stellen wir fest, dass sie belegt sind. Der Schaffner klärt uns auf: „You are at the wrong end of the train.Man könnte meinen wir spielen Ping Pong. Bis zur nächsten Station sitzen wir auf unseren Rucksäcken. Dort angekommen, rennen wir einen menschenleeren Bahnsteig entlang. Aber unsere Eile ist unbegründet, denn wir stellen fest: der Zug wartet auf uns.
Um halb 2 können wir endlich schlafen, bis wir 4 Stunden später in Jodhpur ankommen.

Jaisalmer

Auf dem Rücken eines Kamels geht es durch die Wüste. Nach der ersten Stunde auf dem Kamel ist schnell klar: wir haben den Komfort überschätzt.
Die Übernachtung unter freiem Sternenhimmel entschädigt allerdings für den Muskelkater in den Oberschenkeln.
Mittagspause in der Wüste


Udaipur

Wir liegen im Park, neben uns eine Mango, eine Papaya und eine Melone, vor uns ein Museum. Wir begnügen uns mit dem Blick von außen, etwas Entspannung darf sein!
Apropos, der Film James Bond Octopussy wurde hier teilweise gedreht.
Ob James Bond hier gewohnt hat?


Mumbai

Ein Meer aus Wolkenkratzern erhebt sich vor uns in den Himmel. Das Taxi fährt eine Strandpromenade entlang, gut ausgebaute Straßen, große Parkanlagen, es ist sauber. Man könnte meinen man befindet sich in den USA. Allerdings wird es dort wohl kaum Züge mit offenen Türen und vergitterten Fenstern geben.
New York? Oder doch Indien?



Wir liegen im Nachtzug nach Mangalore. 3 Wochen Reise sind vorbei, uns trennen nur noch ca. 1000 Kilometer von unserem Zuhause. Wir haben viele neue Facetten von Indien kennengelernt. Trotz gravierender Unterschiede fanden wir in jeder Stadt etwas Bekanntes, wie wir es in „unserem“ Indien in den letzten 7 Monaten kennengelernt haben.

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